Mehr Grün in Kalk

Bürger*inneninitiative

Ergebnis beim Ausschuss für Anregungen und Beschwerden

Gestern, am 23.6., hielt Silvia eine flammende Rede im Ausschuss für Anregungen und Beschwerden der Stadt Köln, um unsere Petition für Mehr Grün in Kalk vorzustellen. Danke an Desiree, die die Rede ganz wesentlich vorbereitet hat!

Wir haben uns sehr gefreut, dass die Vertreterinnen und Vertreter des Rates im Ausschuss die Rede und die Petition aufmerksam zur Kenntnis genommen haben und bestätigt haben, dass dieses Thema wichtig ist. So freuen wir uns darauf, dass es zum Thema Mehr grün in Kalk ein Fachgespräch mit der Verwaltung und hoffentlich auch Vertreterinnen und Vertretern der Kalker Bezirksvertretung und/oder des Rates der Stadt Köln geben wird. Toll! Vielen Dank an alle Unterstützerinnen und Unterstützer!

Hier kommt der Wortlaut der Rede:

„Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Ausschusses für Anregungen und Beschwerden der Stadt Köln,

sehr geehrte Damen und Herren,

wir freuen uns, dass Sie heute unsere Bürgereingabe zu mehr Grün- und Erholungsflächen im Stadtteil Kalk beraten und wir als Petenten einige Worte zu unserem Anliegen an Sie richten können.

Mein Name ist Silvia Marchais-Raytschevska und ich habe mit vier anderen Mitstreiterinnen und Mitstreitern die Bürgereingabe im Mai 2019 eingereicht. Wir haben im April 2019 die Bürgerinitiative „Mehr Grün in Kalk“ gegründet, in der sich Menschen engagieren, die in Kalk, Humboldt-Gremberg und Höhenberg wohnen und sich für die Erhaltung, Neuschaffung und Aufwertung von Grün-, Erholungs- und Freiflächen im Stadtteil Kalk einsetzen.

Wir haben eigentlich relativ bescheidene Wünsche:

  • Wir würden gerne in unserem Veedel spazieren gehen und Fahrrad fahren und auch draußen Sport machen können
  • Wir möchten, dass unsere Kinder ein bisschen Natur erleben und sich gefahrenlos mehr und selbstständig frei bewegen können
  • Wir möchten uns gerne mit unseren Nachbarn draußen treffen und sich kennenlernen können
  • Wir möchten gerne, dass Kalk in 30 Jahren ein Stadtteil ist, in den man gesund und gerne wohnt.

Wir glauben, dass für all diese Bedürfnisse es dringend erforderlich ist, dass das Thema „Stadtgrün“ eine deutliche höhere Priorität in der Stadtentwicklung und -planung für den Stadtteil Kalk erhält.

Leider ist die Beschlussvorlage der Verwaltung für die Beratung in Ihrem Ausschuss aber nicht sehr ermutigend. Sie geht überhaupt nicht auf unsere Argumente und unsere vielfältigen Ideen zur Verbesserung der Ausgangslage in Kalk ein, sondern bezieht sich nur auf die Hallen Kalk. Die Beschlussvorlage lässt nicht erkennen, dass das Thema „Stadtgrün“ und Klimawandel für Kalk ernst genommen wird. Eine solche Haltung ist nicht an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, verkennt ihre soziale Lage und ist angesichts des Klimawandels fatal. Natürlich wissen wir, dass Kalk historisch eingeschränkte Möglichkeiten in der Schaffung von mehr Grün- und Erholungsflächen hat. Aber dass Kalk im Moment so aussieht wie es aussieht hat aus unserer Sicht  einen höheren Anteil in den Entscheidungen, die in den letzten 30 Jahren immer wieder zu ungunsten von Stadtgrün gefasst worden sind, als in dem Umstand, dass Kalk mal ein Industriestandort war. Das es auch anders geht, macht das Ruhrgebiet vor: Essen ist z.B. als ehemalige Zechenstadt 2017 grünste Stadt Europas geworden. Eine zukunftsorientierte, gesundheitsfördernde und umweltgerechte Stadtentwicklung ist möglich, es braucht dafür aber den politischen Willen und eine Vision.

Ich möchte noch mal betonen, dass Kalk einer der dichtesten Stadtteile mit einem der geringsten Grünanteile in Köln ist. Und ich möchte an dieser Stelle hervorheben, dass der Zugang zu Grün- und Erholungsflächen auch eine soziale Frage ist. Kalk ist ein in mehrfacher Hinsicht sozial benachteiligter Stadtteil. Sehr viele Menschen, die hier leben, besitzen nicht die finanziellen Ressourcen oder die Mobilität, um an Orte zu kommen, wo man frische Luft, Schatten, Ruhe oder Bewegung in der Natur genießen kann. Ja es gibt die Merheimer Heide, das Gremberger Wäldchen oder glücklicherweise den Ausbau des rechtsrheinischen Grünzugs. Der Verweis auf diese Flächen hilft aber alten Menschen und Familien in Kalk recht wenig, denn wie sollen sie zu diesen Orten barrierefrei in den immer heißer werdenden Sommern hinkommen? Sozioökonomisch benachteiligte  Stadtteile sind die Leidtragenden, was Versiegelung Überhitzung, Luftbelastung und mangelnden Raum für Menschen, Pflanzen und Tiere angeht. Immer mehr Eltern bedauern zudem in Anbetracht der Verkehrs- und Baudichte den Mangel an sicheren und naturnahen Orten zur Bewegung, Erholung und Spiel für ihre Kinder, weil sie darauf angewiesen sind, dass es solche dort gibt, wo sie leben. ExpertInnen weisen auf den Bewegungsmangel in der heutigen „verinselten“ Kindheit und auf den Verlust von Naturerlebnissen und eigenständigen Spielerfahrungen hin.

Wir sehen daher absolut eine Dringlichkeit, die Förderung von Stadtnatur im Stadtteil Kalk (und außerdem ebenso in anderen Kölner Stadtteilen mit ähnlicher Ausgangslage) voranzutreiben. Wir freuen uns daher, dass die Pflanzstelle an ihren Ort bei den Hallen Kalk erhalten werden und nach dem aktuellen Entwurf der Grünflächenanteil auf dem Areal von 11 auf 30% erhöht werden konnte. Aber in Anbetracht des eklatanten Mangels an Grünflächen insgesamt in Kalk ist dies leider aus unserer Sicht eine immer noch recht kleinmütige und wenig zufriedenstellende Lösung. Wir möchten Sie herzlich einladen, sich in diesen Wochen vor Ort an der Neuerburgstraße einen Eindruck von dieser neuen Grünfläche zu machen. Mitten im Grünzug steht eine neue Sporthalle und an der Neuerburgstraße sollen noch vor der Halle eine Straße und bis zu achtstöckige Hochhäuser gebaut werden. Ein größerer Wurf wäre für Kalk hier möglich und nötig gewesen! Die Notwendigkeit für neuen Wohnraum hier gegen auszuspielen, finden nicht fair. Wohnungen und Stadtgrün passen durchaus zusammen, wenn dafür auf Prestigeobjekte und Parkraum verzichtet wird und man in Rechnung stellt, wieviel Wohnbau Kalk schon in den letzten Jahrzehnten für Köln ermöglicht hat. Wir wünschen uns in Anbetracht der Gesamtlage in Kalk daher weiterhin, dass Sie den noch zu beschließenden Bebauungsplan zugunsten von mehr Grün ändern und würden es auch sehr begrüßen, wenn in Anbetracht des Klimawandels gesamtstädtisch über Mindestflächen für Grün- und Erholungsflächen in den Stadtteilen nachgedacht würde.

Aber auch unabhängig von der weiteren Planung und der Diskussion um die Hallen Kalk  benötigt unser Stadtteil dringend Folgendes:

1. barrierefreie, fußgänger- und fahrradfreundliche Verbindungswege von Kalk zu den außenliegenden Grünflächen und Verbindungswege innerhalb der zersplitterten Grünflächen in Kalk, gerade auch für eine gefahrenfreie Mobilität für Kinder und Jugendliche

2. im Stadtteil selber mehr attraktive, naturnahe Grünflächen, die Naturerleben und Erholung bieten, gerade für alte Menschen und Kinder. 

3. eine die Biodiversität fördernde Gestaltung von den bisherigen Grünflächen und mehr Umweltbildung

Wir setzen uns als BI MGiK für den Stadtteil insgesamt ein und haben in unserer Bürgereingabe verschiedene und zahlreiche Vorschläge dafür eingereicht. Leider greift die Beschlussvorlage keine unserer Ideen und Vorschläge für mehr Stadtgrün in Kalk auf. Wir bedauern dies sehr. Das Thema bewegt die Menschen in Kalk. Wir haben im Sommer 2019 1100 Unterschriften gesammelt und einen offenen Brief mit gleichem Inhalt mit zahlreichen Unterstützern aus der Kalker Zivilgesellschaft an die Kölner Entscheidungsträger gesandt. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich dafür einsetzen, dass diese Stimmen nicht ungehört bleiben und zumindest Projekte initiiert oder Maßnahmen geprüft werden könnten.

Ein erster Schritt könnte aus unserer Sicht sein, ein Fachgespräch zu diesem Thema zu führen oder einen Runden Tisch einzurichten. Diese Schritte böten die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen und Maßnahmen zu überlegen, die möglich sind und – gemeinsam mit uns Bürger*innen – umgesetzt werden könnten.

Geben Sie uns Rückenwind, den Stadtteil jetzt klimaschonend, umweltgereicht und lebenswert für die nächsten Generationen zu gestalten, statt Zukunftschancen zu verbauen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“